Die Automobilindustrie steht vor einem gewaltigen Umbruch. Die Mobilität von morgen soll multimodal, umwelt- und klimaverträglich sein. Doch was bedeutet das konkret?
Die Automobilindustrie ist der mit Abstand bedeutendste Industriezweig gemessen am Umsatz in Deutschland. Trotz zunehmend kontroversen Diskussionen über die Zukunftsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie war die wirtschaftliche Bilanz vor COVID-19 überwiegend positiv.
Sowohl in eher gesättigten Märkten, Wachstumsmärkten als auch in Deutschland selbst wurden kontinuierlich mehr Autos abgesetzt. Im Jahr 2018 wurde ein neuer Rekord mit 81,8 Millionen abgesetzten Autos verzeichnet, bevor im Jahr 2019 der globale Automarkt um 3,9 % schrumpfte. Die deutschen Hersteller verzeichneten trotzdem noch Zuwächse, bevor die globale Pandemie zu teils deutlichen Absatzrückgängen geführt hat.
Die Herausforderungen und Spannungsfelder, mit denen sich die Industrie konfrontiert sieht, nehmen zu. Der Forderung nach neuen Mobilitätskonzepten steht einem gleichzeitigen Rekord an weltweit produzierten Automobilen gegenüber. Zunehmend gewinnen neue Wettbewerber an Bedeutung, obwohl die Industrie gleichzeitig einen Höchststand bei Ausgaben für Forschung und Entwicklung verzeichnet. Obwohl die Automobilindustrie eine Schlüsselrolle bei Umsatz, Anzahl an Unternehmen und Beschäftigten in Deutschland einnimmt, wird sie zunehmend von einem negativen Image – vor allem hinsichtlich des Umgangs mit Umweltauswirkungen – begleitet. In Gänze steht die Automobilindustrie vor einem gewaltigen Umbruch. Die Mobilität von morgen soll multimodal, umwelt- und klimaverträglich sowie hochdigitalisiert sein.
Gemessen an den gewaltigen Transformationsherausforderungen und der großen Bedeutung der Branche stellt sich die Frage, wie die Automobilindustrie in Bayern auch in der neuen Mobilitätswelt die Rolle des weltweit angesehenen und erfolgreichen Marktführers einnehmen kann.
Szenario-Studie zur bayerischen Automobilindustrie in 2030
Zur Beantwortung dieser Frage hat Bayern Innovativ in Zusammenarbeit mit ITONICS eine realistische Szenario-Analyse zur Zukunft der bayerischen Automobilindustrie in 2030 durchgeführt. Die Studie zielt darauf ab, konkrete Wege für die Automobilindustrie aufzuzeigen, um dem Anspruch des weltweiten angesehenen Marktführers auch in Zukunft gerecht zu werden. Hierfür wurden mittels einer Analyse der derzeitigen Situation die wesentlichen 108 Einflussfaktoren und die 24 prägendsten Schlüsselfaktoren auf dem Weg in das Jahr 2030 ermittelt. Ausgehend von der Analyse wurden mithilfe zahlreicher Industrie-Experten und software-gestützter Szenariotechnik 4 Szenarien entwickelt und validiert. Dazu wurden je Schlüsselfaktor plausible Ausprägungen für das Jahr 2030 definiert und hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit ihres gemeinsamen Auftretens evaluiert. Basierend auf dieser Konsistenz der Schlüsselfaktoren zueinander wurden präzise, realitätsnahe Bilder der Zukunft sichtbar.
Diese Szenarien entwerfen unterschiedliche Bilder der Zukunft und der Herausforderungen, auf die sich die Industrie bereits heute vorbereiten kann und sollte. Auf dieser Basis wurden Handlungsempfehlungen abgeleitet, die wiederum für Unternehmen vom globalen OEM bis hin zum mittelständischen Automobil-Zulieferer und die Politik aufgeschlüsselt wurden.
Die 4 Szenarien im Überblick
Vielfaltsdilemma, inkrementeller Wandel, Software-Dominanz oder Komfortzone – In welcher Situation wird sich die Automobilindustrie 2030 befinden? Zur Beantwortung dieser Frage trägt das zukünftige Handeln der OEMs, Zulieferer und der Politik entscheidend bei. Es gilt die Entwicklungen der entsprechenden Einflussfaktoren zu verfolgen und die Entwicklungen der Schlüsselfaktoren aktiv zu gestalten. Denn:
Über alle vier Szenarien hinweg zeigt sich, dass die bayerische Automobilindustrie vor einer Mammutaufgabe steht.
Generell bedeutet dies bereits heute, dass:
- die Entwicklung von 24 Schlüsselfaktoren aktiv gestaltet und von weiteren 84 Einflussfaktoren zumindest kontinuierlich beobachtet werden sollte.
- die Szenarien “Software-Dominanz” und “Komfortzone” große Risiken darstellen, während die anderen beiden Szenarien eher positive Entwicklungschancen bieten.
- Digitalisierung und Elektrifizierung zu den Schlüsselkompetenzen gehören werden.
- digitale Kompetenzen entlang der kompletten Wertschöpfungskette aufgebaut, Daten als Produkt begriffen und die Automatisierung und Digitalisierung der Produktion weiter vorangetrieben werden sollten.
- eine stärkere Konsolidierung und Zusammenarbeit in der Wertschöpfung notwendig sein wird, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und die derzeitige Abhängigkeit von einzelnen Wertschöpfungsaktivitäten zu reduzieren.
Neben diesen Empfehlungen, die über alle Szenarien Gültigkeit haben, erfordert jedes Szenario spezifische Schwerpunkte der Zulieferer, OEMS, und der Politik. Dabei bieten vor allem zwei Szenarien große Chancen: die aktive Gestaltung des inkrementellen Wandels und die proaktive Auflösung der Dilemmata im sogenannten “Vielfaltsdilemma”. Die Richtungsentscheidung ist dabei abhängig von den individuellen Risikoeinstellungen und den bereits heute vorhandenen und zu entwickelnden Fähigkeiten.
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